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Jetzt mal ehrlich

Das mit der Ehrlichkeit ist ja oft eine verlogene Sache. Die Wahrheit wird beschworen und herbeigesehnt. Kommt sie aber um die Ecke, dräuen Furcht und Schrecken. Hochmut heißt es schnell, Rechthaberei wird unterstellt, Selbstgerechtigkeit behauptet. Ehrlich währt am längsten vor allem bei der Gewährleistung einer sicheren Abseitsposition.

 

Es gibt dazu einen einfachen Test. Eine Lügengeschichte, die eine Zeitlang Mode war, wie die von der Spinne in der Yucca Palme. Man nehme eine gemütliche Stimmung unter besten Freund*innen. Verwandtschaft geht auch. Da verkündet jemand nebenher: „Was ich Dir immer schon mal sagen wollte…“ Das wirkt sofort, auch ohne weitere Sätze mit Wahrheit drin. Als ob zu viel Tabasco schon beim Rezeptlesen brennen würde. Die sieben Todsünden fallen uns ein, vollbrachte und fantasierte Untaten von ganz früher bis gestern Abend.

 

Unser gedeihliches Miteinander funktioniert vielleicht überhaupt nur, weil wir wegsehen, übersehen, nachsehen können. Man kann das Feigheit nennen, Höflichkeit oder Bändigung von Reflexen durch zivilisierte Nichtbeachtung. Ich bin jedenfalls immer dankbar, wenn alle so tun, als ob mein gelegentlich verrutschtes Gesicht nicht der Rede wert wäre.

 

Das Schweigen für den Frieden hat natürlich Grenzen. Moralisch einigermaßen sauber muss es schon zugehen. Manche sagen dazu auch „politisch korrekt“. Dabei ist das nur ein nachgemachtes Etikett, gut sichtbar auf die Stirn gepappt und leicht abzulösen. Im besten Fall handelt es sich um ein gut gemeintes Lehr- und Lernprogramm mit hoffentlich viel Erfolg bei den Kursteilnehmer*innen. „Immerhin ein Anfang und zum Üben nicht schlecht“ meint eine Freundin. Kann sein. Mir kommt dieses Warnschild eher vor wie eine rote Ampel. Irgendwie unumgänglich für die Regelung des Verkehrs, aber gern lustvoll missachtet. Ein oberflächliches Verbot. Nicht zu vergleichen mit der nachhaltigen Selbstquälerei in Folge von Verstößen gegen tiefe Schichten in der moralischen Substanz.

 

Jetzt bin ich aber schon wieder bei Mutter und Vater gelandet, scheint's. Wenn nicht bei Adam und Eva. Immer verirre ich mich dahin. Fällt mir gar kein anderer Ausgang aus der selbstverschuldeten Unbeholfenheit ein? Sehr ärgerlich.

 

Dabei wollte ich nur diese Vermutungen in eine Reihe bringen: Ohne Ehrlichkeit geht es nicht. Weil nur so Vertrauen entsteht. In der Folge kann man ganz ordentlich miteinander sprechen und handeln. Ein bisschen Lug und Trug sind dann auch drin.

 

Das Ganze sollte logisch sein und schön ausformuliert. Ein Glück, dass ich in der Küche sitze und nicht in der Sekundarstufe zwei.

 

 

Still aus "Ein Herz und eine Krone"/Film von William Wyler (1953): Bocca della verità in Rom

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Kommentare: 1
  • #1

    Birgit Blumenthal (Montag, 28 August 2017 21:33)

    Ein sehr treffender Blog zu einem schwierigen Thema. Ich selbst bin nicht so sprachgewandt; deshalb zitiere ich an dieser Stelle Heinz Rudof Kunze: `Wahrheit ist schön, überall immer. Wahrheit ertragen, nichts verzehrt schlimmer´.