Das Leben ist ein einziges Rätselraten. Das wird mit dem Älterwerden nicht besser. Dabei habe ich richtig schwierige Themen wie Wirtschaft, Politik und Menschsein schon aussortiert. Ich lasse mich nur noch auf Fragestellungen ein, die ich intellektuell bewältigen und emotional verkraften kann.
Das entspricht etwa einem mittelschweren Sudoku. Am besten gefällt mir beim Ausfüllen der Kästchen, dass weder Sinn noch Moral im Spiel sind. Außerdem sind die Zahlen einstellig. Bis 3 Zählenkönnen ist Voraussetzung. Mit 6 Zahlen mehr im Sinn kommt man sich genial vor. Die Felder sind übersichtlich zweidimensional. Es gibt nur rauf und runter, Querdenken nützt nichts im harmonischen Quadrat. Keine Gegenspieler.
Auf dieses Format werde ich ab jetzt mein Erleben zurechtstutzen. Dass alles furchtbar schwierig sei und eine einfache Antwort auf kleine wie große Fragen praktisch unmöglich, will mir nicht einleuchten. Eine Weile habe ich überlegt, auf Fragezeichen ganz zu verzichten. Aber da wird mir öd´ und seltsam religiös. Das Dumme ist nämlich, dass genügsames Nixkapee noch anstrengender ist als emsige Trübseefischerei.
Kurbelt mir zum Beispiel einer morgens durchs Autofenster ans Rad: „Fahr rechts, verdammte ()“ Es folgt Poetisches, also radikal unzensierte Wortwahl in freiem Satzbau. Das schätze ich sehr. Das Genre ist mir bekannt, aber nicht handlungssicher vertraut. Der Kerl im Auto findet seinen Text deshalb zu Recht besser als meinen. Er hält an und will mich mit anderen Formen der Kommunikation von meinem wertlosen Dasein überzeugen. Es klappt. Ich wünsche mir kurz ein liberales Waffengesetz nur für mich und strenge Regeln für die Anderen.
Bis gestern hätte ich so Sachen gedacht wie Macho, Aggro, Sozio. Frauenfeind geht auch immer. Jetzt denke ich, die 9 sitzt falsch.
Die Spinne hinterm Wecker ist übrigens tot. Ich glaube nicht, dass sie krank war.
Foto: Susanne
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Mechthild (Sonntag, 05 November 2017 13:15)
Mit Sudoku tue ich mich schwer, wenn es mich überkommt nehme ich ein gutes altes Schwedenrätsel zur Hand, um es meist nach 10 Minuten wieder wegzulegen, weil es mir dann häufig so ergeht wie dem guten alten Tucholski oder dem Schweizer Kabarettisten Emil.
Bei einner ähnlichen Situation mit einem Autofahrer vor einiger Zeit, brachen sich zu meinem großen Erstaunen kölsche (oder war es Frechner Platt?) Schimpfworte Bahn, die ich selber gar nicht mehr kannte.
Wunderbar diese Windbeutelkost, sie lässt einen so viel erinnern!
Danke, liebe Susanne, dafür!