Preisverdächtig

Heute sind Wahlen in der Türkei und in Bremen. Selenskyj bekommt den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, nein Entschuldigung, der Karlspreis ist’s. Mit dem werden „… seit 1950 Persönlichkeiten oder Institutionen ausgezeichnet, die sich um Europa und die europäische Einigung verdient machten.“1

 

Wir wissen seit ein paar Tagen, dass der FC Köln nicht absteigt. Deutschland hat den letzten Platz beim European Song Contest erobert. Und die Paulskirchenversammlung hat in diesen Tagen 175. Geburtstag. Wir erinnern uns garantiert nicht aus dem Geschichtsunterricht, was da los war in Frankfurt. Habe nachgesehen: „Selbständige“ Männer wählten zum ersten Mal eine Deutsche Nationalversammlung. Die sollte über eine „freiheitliche Verfassung und die Bildung eines deutschen Nationalstaats“2 beraten. Ist erstmal nicht richtig geglückt, aber ein Anfang.

 

In der aktuellen Ausgabe der ZEIT wird berichtet, dass 16 % der Deutschen ihr Stimmrecht bei der nächsten Bundestagswahl für 1000 EUR verkaufen würden. Nur 7 % würden allerdings ihre Seele verkaufen.3 Ich glaube, da müsste man nur ein bisschen am Preis schrauben, dann verkaufen wir Anstand und Herz gleich mit. Vielleicht sogar die eigene Mutter. So mengenrabattmäßig. Nur nicht gerade heute, denn heute ist Muttertag.

 

Über Iran lese ich heute nichts in der Zeitung. Gestern auch nicht. Vielleicht hat sich da mittlerweile alles zum Guten gewendet. Oder die haben da auch Muttertag und essen heute friedlich ein paar süße Teilchen zusammen. Also getrennt könnte auch sein. Die Herren im Salon, die Damen im Hinterzimmer. Oder ist das Sitte anderswo, mancherorts in der Türkei? Manchmal bringe ich das ganze Weltgeschehen durcheinander. Der internationale Frauentag war jedenfalls im März, kalter Kaffee unterdessen. Das steht immerhin fest.

 

Ich überlege, ob wir Frauen unser Wahlrecht nicht insgesamt verkaufen sollten. Für sagen wir mindestens soviel Geld wie Elon Musk auf der hohen Kante hat. Dafür würden wir uns dann was kaufen. Keine Mondrakete, denke ich. Aber vielleicht ein mittelgroßes Land. Am Anfang würden wir vielleicht auch ein paar Waffen kaufen. Für die Frauen in Afghanistan zum Beispiel.

 

Am Ende würden wir einen Preis bekommen für den Deal. So was Tolles wie den Karlspreis womöglich. Frau Merkel hat ihn schon, zwei Päpste sind auch dabei, außerdem Helmut Kohl und Königin Beatrix der Niederlande. Oder war das doch der Orden wider den tierischen Ernst? Der wird auch in Aachen verliehen. Das weiß ich genau.

 

Die Seele würde ich aber nicht hergeben. Ist mir irgendwie zu luftig. Wo hält die sich überhaupt auf tagsüber? Lieber das Herz. Ist was Handfestes. Und könnte man auch verpfänden. Wie beim Kaufmann von Venedig. Da kann man dann auch tricksen. Wie in dem Drama. Einfach sagen, ein Pfund von meinem Herzen war ausgemacht. Aber nur das Fleisch, nicht mit dem ganzen Blut auch noch dazu. Und schwupps bleibt das Herz heil. Und der Pfandleiher ist angeschmiert.

 

Wahrscheinlich verschenke ich aber alles. Inklusive Rentenansprüche.

 

 

 

1 Spiegel online 14.05.23

2 www.bundestag.de/parlament/geschichte/parlamentarismus/1848

3 DIE ZEIT Nr. 20 11. Mai 2023 S. 11

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